Vorsitzende der Bundestagsgruppe der LINKEN besuchte Südthüringen
Die Vorsitzende der Gruppe Die Linke im deutschen Bundestag, Heidi Reichinnek, besuchte kürzlich Einrichtungen in Südthüringen.
Zum Auftakt informierte sie sich in Lauscha in der der Seniorenresidenz „Rennsteigschlösschen“. Hier waren AWO-Regionalleiter Falk Bohl, in Personalunion auch Geschäftsführer des AWO- Kreisverbandes Sonneberg, Ramona Jahn (stellvertretende Pflegedienstleitung) und Nadja Eichhorn (Leiterin der sozialen Betreuung im Haus) ihre Gesprächspartner.
Die 15 Jahre alte Seniorenresidenz ging 2012 an die AJS über und beherbergt gegenwärtig 88 vollstationär untergebrachte Senioren. Herausforderungen sind aus Sicht der Hausleitung sowohl die hohe Altersstruktur der zu Betreuenden als auch die Gewinnung der für die Pflege nötigen Fachkräfte. Ohne ausländische Mitarbeiter wäre der regelmäßige Hausbetrieb nicht zu meistern. Gegenwärtig gibt es auch keine Bewerbungen auf die vorhandenen Ausbildungsstellen. Die Hoffnung ruht hier für die Zukunft auf einer frühzeitigeren Berufsorientierung, unter anderem mit den jetzt an Schulen der Region eingeführten Praxistagen. So genannte „Leasing- Kräfte“- über private Vermittlungen befristet beschäftigte Mitarbeiter, sind aus Sicht der Verantwortlichen hingegen keine dauerhafte Lösung in der Pflegebranche.
Ein Problem stellt Bohl zufolge der durch die Kassen festgelegte Pflegeschlüssel dar. Dieser stamme noch aus dem Jahr 2016 und sei trotz nachweislich steigender Aufwendungen nicht wieder angepasst worden. Das gesetzlich festgelegte Abrechnungssystem der einzelnen Kostenträger sei zudem viel zu kompliziert und produziere einen unvertretbar hohen Verwaltungsaufwand. Der Zuschuss für Langzeitaufenthalte ist nach Erfahrungen der unmittelbar mit der Pflege befassten Mitarbeiterinnen zu gering bemessen. Für die Abrechnung erbrachter Leistungen schlugen die Experten vor, anstelle der bisherigen Leistungskomplexe eine Zeitbemessung zugrunde zu legen.
Heidi Reichinnek versprach, die Hinweise mit den Fachpolitikerinnen ihrer Gruppe zu beraten, um mögliche politische Initiativen vorbereiten zu können.
Nächste Station der Tour war die Stiftung Rehabilitationszentrum „Thüringer Wald“ in Schleusingen. Stiftungsvorstand und Geschäftsführer Kai Michaelis stellte die Stiftung des Freistaats Thüringen, welche als Trägerin der Eingliederungshilfe für Menschen mit Benachteiligungen fungiert, vor. Nicht ohne Stolz wusste Michaelis zu vermelden, das 85 Prozent der in der Stiftung unter anderem als Gärtner, für die Wäscherei oder Facharbeiter im Holzbereich ausgebildeten jungen Leute in den ersten Arbeitsmarkt integriert werden können. Hauptsächlich ist die Stiftung mit der Unterbringung benachteiligter Jugendlicher befasst, sie beschäftigt in der eigenen Werkstatt aber auch Schwerstbehinderte und fördert Sportler, welche an den Specialympics teilnehmen. Dabei gestaltet sich die Auftragsaquise für Arbeiten im niedrigschwelligen Bereich schwierig.
Michaelis sieht die Einrichtung derzeit als gut ausfinanziert an, Sorge bereitet ihm eher das in die Jahre gekommene Stiftungskapital: die Gebäude der ehemaligen Ingenieursschule stammen aus den Fünfzigern des letzten Jahrhunderts. Der Sanierungsbedarf für einen Teil des in Schleusingen liegenden Komplexes beläuft sich auf acht Millionen Euro.
Der Bundestagsabgeordneten, vor ihrer Wahl in den Bundestag selbst in der Jugendpflege tätig, gab der engagierte Pädagoge mit, das die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse für dringend benötigte Fachkräfte mit sonderpädagogischer Ausbildung deutlich schneller erfolgen müsste. Zuviel Bürokratie sieht Michaelis noch bei der Qualifizierung von beruflichen Seiteneinsteigern.
Begleitet wurde Reichinnek durch Kreisrat Mathias Möller und vom Linke- Landesvorstandsmitglied Linda Stark. Die 22- jährige bewirbt sich um das Dirketmandat für den Thüringer Landtag im Wahlkreis 20 (Sonneberg II/ Hildburghausen II). Beide Politikerinnen zeigten sich anschließend tief beeindruckt von der Arbeit, welche vom Personal in den vorgestellten Einrichtungen geleistet wird.
Den Abschluss der Informationsreise bildete ein Informationsgespräch im Hildburghäuser Landratsamt. Heidi Reichinnek gratulierte Sven Gregor zur erfolgreichen Wahl und erkundigte sich, wie von Bundesseite aus die Arbeit des neuen Landrats Unterstützung erfahren könnte. Gregor informierte ausführlich zum Fortgang der Umstrukturierung von ehemals zu Regiomed gehörenden Kliniken im Landkreis und daraus resultierenden finanziellen Herausforderungen. So gäbe es für den Erwerb der Klinik in Masserberg zwar eine Landesunterstützung, es bestünde dort aber ein starker Investitionsstau.
Sein Ziel sei zudem, durch neue und intensivere Formen der Bürgerbeteiligung die Stimmung im Landkreis schrittweise zu verändern und mittelfristig damit auch das mediale Image des Landkreises zu verbessern.
Reichinnek und Stark bedankten sich für den offenen Austausch und wünschten Landrat Sven Gregor viel Erfolg. Beide Politikerinnen versicherten ihre Bereitschaft, auch künftig Bedürfnisse der kommunalen Ebene aufzunehmen und auf Landes- und Bundesebene Gehör zu verschaffen.
Heidi Reichinnek setzte ihre Informationstour anschließend im Ilmkreis fort.
Fotos: Mathias Günther