Künstliche Intelligenz: Plädoyer für eine "humanistische KI"

Mathias Günther

Die „Künstliche Intelligenz“ beeinflusst inzwischen viele Bereiche unseres Lebens.

Als „Fähigkeit von Maschinen, menschliche Denk-, Lern- und Entscheidungsprozesse zu simulieren“, beispielsweise durch maschinelles Lernen und Mustererkennung, definiert der Informatiker Philipp Weltzien die KI. In seinem kürzlich im Rahmen der Hildburghäuser „Allerweltsgespräche“ gehaltenen Vortrag unterschied er zwischen „schwacher KI“, welche optimiert sei auf ganz konkrete Aufgaben und auch noch nicht die Gefahr einer Verselbstständigung in sich berge, sowie einer „starken KI“. Diese wiederum beinhalte eine theoretische Form mit eigenem Bewusstsein und allgemeiner Intelligenz- noch sei dies aber eher Science Fiction.

Wie bei fast allen Entwicklungen und Erfindungen, welche im Laufe der Menschheitsgeschichte hervorgebracht wurden, liegen Chancen und Risiken auch bei der KI nah beieinander. Neben möglichen Effizienzgewinnen in Produktion, Logistik und Datenanalyse könnte mit KI ein gesellschaftlicher Nutzen im Gesundheitswesen erzielt werden, so bei der Krebsfrüherkennung oder durch personalisierte medizinische Versorgung. In der Bildung können KI- basierte Lernsysteme individuelles Lernen befördern. Ressourcenschonende Anwendungen tragen in der Landwirtschaft zu nachhaltigen Lösungen bei und- in Zeiten von Fakenews und von Lügen dominierten politischen Auseinandersetzungen besonders wichtig: KI kann auch Desinformation bekämpfen und politische Teilhabe durch transparente Komponenten fördern.

Demgegenüber stehen Risiken und Herausforderungen:

Traditionelle Arbeitsplätze werden schon heute durch Automatisierungen überflüssig. Datenschutzprobleme und die Möglichkeit des Missbrauchs großer Datensammlungen sind genauso real wie die Gefahr eines Autonomieverlusts, wenn Menschen zu stark abhängen von KI- Systemen. Hinzu kommen mögliche Diskriminierungen durch rassistische oder sexistische Algorithmusentscheidungen. Besonders brisant ist aus Weltziens Sicht die mit der Dominanz großer Tech- Unternehmen verbundene Machtkonzentration im KI- Sektor. Google, Microsoft, Amazon und Baidu üben durch ihre KI- Aktivitäten nicht nur globalen Markteinfluss aus, sondern auch erheblichen politischen Druck durch intensive Lobbyarbeit. Aktuell werde dies im Verhalten der neuen amerikanischen Regierung deutlich.

Daraus resultieren Weltzien zufolge politische Herausforderungen in Sachen Gemeinwohlorientierung, Bildung und Teilhabe sowie Transparenz und Regulierung. Sein Plädoyer: die Menschheit müsse den Weg hin zu einer „humanistischen KI“ gehen.

Das bedeute, zugleich die in der KI vorhandenen Chancen zu nutzen, Risiken aber zu minimieren durch transparente, einfach nachvollziehbare Systemanwendungen und klare Regularien wie den AI- Act der Europäischen Union. Eine wichtige Rolle spielen dabei Open Source- Modelle wie von DeepSeek oder Hugging Face. Die Monopolisierung der großen Tech- Konzerne müsse überwunden werden, um gleichzeitig faire Innovationen und weltweite Beteiligung an den Ressourcen zu stärken.

Der Mensch müsse auch weiterhin im Mittelpunkt stehen, so dass die KI menschliche Kreativität, Empathie und Ethik unterstützt, aber nicht ersetzt. Europa müsse angesichts der gegenwärtigen Dominanz amerikanischer Konzerne eigene, gemeinwohlorientierte KI- Modelle fördern. Letztlich ginge es darum, das KI ein nützliches Werkzeug für alle sein muss, statt ein intransparentes Machtinstrument für wenige Konzerne und Regierungen. Darüber gelte es schon jetzt gemeinsam nachzudenken.

 

 

Fotos: Mathias Günther