Dem Hass entgegentreten!
Hildburghausen im November 2024: Nur wenige Stunden nach der Ehrung der Opfer der antijüdischen Pogromnacht von 1938 werden die abgelegten Blumengebinde geschändet und weite Teile der Innenstadt mit neonazistischen Aufklebern übersäht.
In unmittelbarer Reaktion darauf wurden am 16. November erneut Blumenkränze der Stadt und des Landkreises Hildburghausen an der Gedenktafel für die ermordeten Hildburghäuser Juden niedergelegt.
Ministerpräsident Bodo Ramelow fand wie auch Landrat Sven Gregor, Bürgermeister Patrick Hammerschmidt und Pfarrer Andreas Wucher deutliche Worte zur Unkultur des Hasses, welche von demokratiefeindlichen Kräften benutzt wird, um einzuschüchtern und demokratische Institutionen zu beschädigen.
Noch ausführlicher ging Ramelow anschließend in der Trauerhalle des Hildburghäuser Zentralfriedhofes auf den Zusammenhang von Hass, Gewaltandrohung, Krieg, Faschismus und Vernichtung menschlichen Lebens ein. Anlässlich der offiziellen Gedenkstunde des Freistaats Thüringen zum so genannten "Volkstrauertag" erinnerte Ramelow auch daran, was Versöhnung bewirken kann: Während sein Großvater als Teilnehmer des 1. Weltkriegs die ideologische Figur des "Erbfeinds Frankreich" tief verinnerlicht hatte, sei er selbst viel später im Geiste der Aussöhnung und der deutschfranzösischen Freundschaft aufgewachsen.
Ausdrücklich wollte Ramelow in das Gedenken des Tages alle Opfergruppen einbezogen wissen, welche durch Kriegshandlungen und deren Folgen, aber auch durch Rassen- und Vernichtungswahn sowie totalitäre Politik umkamen.
Ramelow schlug den Bogen von den inakzeptablen Gewaltfantasien und Drohungen so genannter "Montagsspaziergänger" in Gera bis zum Massenmord der Nazis. Er erinnerte an die Worte Erich Kästners. Dieser hatte in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts mit einem Gleichnis von Schneeball und Lawine gemahnt, das die faschistische Gefahr spätestens 1928 hätte gebannt werden müssen. Ab da wäre das Unheil von 1933 nicht mehr zu verhindern gewesen.
Ausgerichtet wurde die Feier vom Volksbund der Kriegsgräberfürsorge.
Jugendliche erinnerten in Redebeiträgen vor den Gedenkanlagen auf dem Zentralfriedhof an das Schicksal toter Militärangehöriger aus Deutschland und der allierten Staaten, an das Schicksal ermordeter Zwangsarbeiter und weitere Opfer aus der Zeit der Naziherrschaft.
An den beiden Veranstaltungen nahmen auch viele Mitglieder der LINKEN teil, darunter Kreisvorsitzender Mathias Möller und die Landtagsabgeordnete Linda Stark.
Bereits am Vorabend fand in Schleusingen ein Protest gegen einen dortigen Naziaufmarsch und ein Friedensgebet statt.
Fotos: Mathias Möller, Mathias Günther